BILDUNG IM HAMSTERRAD

Essay über Motivation, Intention und Hintergründe einer Fotoserie

Relativierung, Differenzierung und der Leistungsbegriff

Als Verfechter der Differenzierung möchte ich zumindest erwähnen, dass meine Auseinandersetzung mit der Thematik nicht auf einer streng wissenschaftlichen Methode beruht. Ich habe selbst keine Prozentsätze errechnet oder Statistiken aufgestellt. Darum geht es mir auch nicht. In der Realität ist das Problem tatsächlich sehr komplex. Es gibt zahlreiche Gründe für Selbstzweifel im Kindes- und Jugendalter. Unbestreitbar ist aber, dass die gestiegenen Anforderungen an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ein entscheidender Faktor hinsichtlich der Lebens- und Lernqualität darstellt. Ich möchte mit meinem Projekt lediglich darauf aufmerksam machen, dass Teile unserer Jugend sich mehr oder weniger überfordert fühlt. Dies sollte uns zu denken geben.

GROWN UP (11/13) - DOWN TO EARTH

GROWN UP (11/13) – DOWN TO EARTH

Ich möchte dieses Problem mit meinem Beitrag allerdings auch nicht Überdramatisieren. Die heutige Situation der Heranwachsenden ist im globalen Vergleich relativ(!) gut. Es gibt zahlreiche (auch staatliche) Schulen, die im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten traditionelle Wege verlassen und auf neue Entwicklungen der heutigen Welt und den damit sich verändernden Anforderungen, die hierdurch an junge Menschen gestellt werden, reagieren.

Ich bin allerdings überzeugt davon, das Gutes durchaus verbessert werden kann und auch sollte, gerade wenn es sich um einen so entscheidenden Bereich wie den der Bildung handelt. Denn die Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche in einem Land heranwachsen und ausgebildet werden, hat einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Zukunft des Landes und des Miteinanders in unserer Gesellschaft. Deshalb hoffe ich, dass es mir gelingt, den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche unter der jetzigen Situation leiden, meine Stimme zu leihen, ein Gesicht zu geben und die Diskussionen am Laufen zu halten.

GROWN UP (12/13) - PROSPECTS - STARE INTO THE FUTURE I

GROWN UP (12/13) – PROSPECTS – STARE INTO THE FUTURE I

Unabhängig davon möchte ich noch erwähnen, dass aus meiner Sicht nichts grundsätzlich gegen den Leistungsgedanken an sich spricht. Das Prinzip der Leistung und des Wettbewerbs ist (ebenso wie das Prinzip der Kooperation und Hilfsbereitschaft) evolutionär tief in uns verankert. Doch wenn die heutigen Anforderungen bei einer Vielzahl von Heranwachsenden zu einer Überforderung und infolgedessen zu unverhältnismäßigem psychischem Stress kommt, sollte dies nicht weniger als alarmierend sein. Was haben wir von erschöpften dreiundzwanzigjährigen Absolventen, die zwar triumphierend ihr Abschlusszeugnis hoch halten, aber zum Teil elementare Fähigkeiten nicht erlernen konnten?

Gleichzeitig möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass ein Studium stets auch eine Herausforderung ist und auch sein sollte. So sehr ich Freiräume in der akademische Lehre als elementar notwendig erachte, so sehr muss auch klar sein, dass Anstrengungen und Krisen zum Studieren dazu gehören. Die Vorstellung, alles müsste immer perfekt und geradlinig laufen, entbehrt jeder realitätsbezogenen Grundlage. Dabei sollten wir aufhören stets nur den negativen Aspekt von Krisen zu sehen, sondern verstehen, dass sie die Voraussetzung und der Katalysator jeder entscheidenden persönlichen Entwicklung darstellen. Denn wachsen kann nur, wer auch scheitert, zweifelt und hinterfragt.


Teil 6
Teil 8