Bildung im Hamsterrad

Essay über Motivation, Intention und Hintergründe einer Fotoserie

Schule der Zukunft

Es gibt immer wieder zahlreiche Vorschläge und Ideen bezüglich einer Reformierung der schulischen Bildung, über die wir im Interesse unserer Heranwachsenden nachdenken sollten.* Da dies ein wirklich sehr weites Feld ist, möchte ich an dieser Stelle lediglich auf einige mir sehr wesentliche Aspekte kurz eingehen:

Grown Up (6/12) - Fairytale Shack Is Closed

Grown Up (6/12) – Fairytale Shack Is Closed

Eine Schule der Zukunft sollte es zu aller erst schaffen, die natürlich im Menschen veranlagte Freude am Lernen zu erhalten und zu fördern, anstatt diese, wie im heutigen System oft der Fall, zu ersticken. Schule sollte im Idealfall keine lästige Notwendigkeit sein, sondern ein Ort der Entwicklung und Entfaltung.

Um dies zu gewährleisten sollten zunächst die von allen zu lernende Pflichtinhalte überprüft und ausgedünnt werden. Über diese lässt sich diskutieren. Anschließend sollte für eine ausgewogene, dem Alter entsprechende Balance zwischen eben diesen Pflichtinhalten (Basiswissen und -fähigkeiten) und den Wahlinhalten (vertiefendes Wissen) gesorgt werden. Je älter die Schüler, desto höher sollte die Wahlfreiheit werden.

Gleichzeitig sollten die Lernmethoden dem Inhalt angepasst sein. Während zum Beispiele viele naturwissenschaftliche Inhalte am besten mithilfe erlebnisorientierter Lehrmethoden (wie etwa Experimente, Ausflüge, …) vermittelt werden, ist es bei einem Fach wie Mathematik sinnvoller, dass jeder Schüler für sich in seinem eigenen Tempo mithilfe eines modernen Computerprogramms lernt. Andere Inhalte sprechen wieder für das Lernen in Kleingruppen (z.B. fremdsprachliches Kommunikationstraining) usw.

Grown Up (7/12) - Hello, Anybody There?

Grown Up (7/12) – Hello, Anybody There?

Außerdem sollten wir zu einem System gelangen, in dem die Bedeutung der Schulnoten hinsichtlich der beruflichen bzw. universitären Perspektiven abgeschwächt wird. Natürlich braucht jeder Schüler trotzdem Rückmeldung über seine Leistungen. Darüber ob dies in Form von klassischen Noten passieren muss oder alternative Systeme besser geeignet wären, lässt sich sicherlich streiten. Wichtig ist nur den alles überschattenden Leistungsdruck zwar nicht abzuschaffen (im Zuge einer Vorbereitung auf des „reale Leben“), aber auf ein gesundes Maß zu reduzieren.

Unabhängig davon gibt es immer wieder die gleichen aber sinnvollen Forderungen, die ich im Folgenden nur kurz aufzählen möchte: Einrichtung kleinerer, besser zu betreuender Klassen; vom Leistungs- bzw. Notendruck befreiter Musik-, Kunst- und Sportunterricht; mehr Informationsangebote zum Kennenlernen von Berufen und Studienfächern; Einführung von Kursen zu Themen wie „Selbstorganisation“, „Empathie“, „Selbstdisziplin“, „Streitkultur“, „Medienumgang“, „Meditation“, usw.

Ein wichtiger inhaltlicher Punkt noch zum Schluss: Wir brauchen gute Lehrer. Das klingt natürlich erst ein Mal sehr banal, ist aber von elementarer Bedeutung für das Gelingen von Bildung. Damit Lehrer gute Arbeit leisten und ihre Schüler für das Lernen begeistern können, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens ist zu überlegen, inwiefern das Lehramtsstudium derart umstrukturiert werden kann, sodass der Absolvent gezielter (nicht unbedingt fachlich, sondern methodisch, psychologisch und rhetorisch) auf seine zukünftigen Aufgaben vorbereitet ist. Zweitens benötigen Lehrer eine gewisse Freiheit in ihrer Unterrichtsgestaltung. (Ein Lehrer der sich in erster Linie darum sorgen machen muss, dass ein bestimmter Schulstoff in einem bestimmten Zeitraum unbedingt abgearbeitet sein muss, kann nur schwerlich guten und kreativen Unterricht machen.) Drittens wäre es sehr hilfreich, wenn Lehrer wieder als das wahrgenommen und anerkannt werden, was sie sind: Wichtige Schlüsselfiguren einer jeden Gesellschaft.

Bei all diesen Ideen und Forderungen ist natürlich eines klar: Jede grundlegende Veränderung in diesem Bereich hängt einerseits vom Willen der politisch Verantwortlichen und andererseits von der hiermit zusammenhängenden Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel ab. Diesen Willen gilt es also zu beeinflussen, sei es durch Wahlen, Petitionen, Demonstrationen oder eigenem politischen Engagement. Bezüglich der entstehenden Kosten müssen wir uns fragen, was uns unsere Kinder und unsere Zukunft wert ist. Ich halte dies für eine rhetorische Frage.

Diesen Teil abschließend möchte ich noch folgendes hinzufügen: Mir ist bewusst, dass all die oben genannten Themen in Fachkreisen sehr kontrovers diskutiert werden. Ob es zu den meisten Fragen immer nur eine richtige Antwort gibt, darf dabei guten Gewissens bezweifelt werden. Jede Diskussion ist jedoch ohnehin überflüssig, wenn nicht irgendwann der Mut aufgebracht wird, Neues wenigstens auszuprobieren. Das Festhalten an Altem macht nur dann Sinn, wenn es sich erstens bewährt hat und zweitens die Umstände immer gleich bleiben. Beides aber darf ohne Weiteres bezweifelt werden.

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*Bei weiterführendem Interesse empfehle ich zunächst den Artikel „Schule kann mehr“ von Richard David Precht – nicht weil ich jedem der 10 vorgestellten Punkte vorbehaltlos zustimmen würde, sondern es für einen sehr guten Einstieg in die Thematik für jene halte, die sich noch nicht näher mit der Materie auseinander gesetzt haben. Im Internet finden sich darüber hinaus natürlich zahlreiche Alternativen und Gegenpositionen.


Teil 3
Teil 5